Das Management von Geschäftsreisen für Crewmitglieder im Energiesektor gehört zu den komplexesten Aufgaben der Reisebranche. Die Mitarbeiter müssen pünktlich an den entlegensten Orten eintreffen. Standardlösungen funktionieren hier nicht. BCD Travel hat sich in diesem Bereich verstärkt und bietet das komplette Geschäftsreise-Management für den Energie-, Rohstoff- und Marine-Sektor (ERM) aus einer Hand.
In unserem Interview berichten Ross Pratt, Vice President Global Business Development, und Thorsten Kirkegaard Winther, Vice President Business Development Marine & Shipping bei BCD Travel, über die Anforderungen der Branche.
Herr Pratt und Herr Kirkegaard Winther, Sie beide arbeiten bei BCD Travel und kennen den ERM-Sektor aus langer Berufserfahrung. Geben Sie uns bitte einen Einblick, wie das Arbeiten und Reisen in dieser Branche verknüpft sind. Gibt es Unterschiede zu anderen Branchen?
Thorsten Kirkegaard Winther: Im Vergleich zum traditionellen Travel Management sind die Organisationsprozesse für diese Reisen ungleich komplexer. Zum Beispiel sind Zahlungs- und Buchhaltungsprozesse im Schifffahrtssektor sehr aufwendig. Der Zahlungsverkehr erstreckt sich über viele verschiedene Länder und Vetragspartner. Unsere Aufgabe ist es, diese Komplexität für den Kunden so einfach wie möglich zu gestalten.
Ross Pratt: Für Reisende im ERM-Sektor sind zweitägige Anreisen, die zudem mehrfache Wechsel der Verkehrsmittel erfordern, absolute Normalität. Ob Konstrukteur, Techniker oder Koch: Die Reisenden kommen aus der ganzen Welt. Sie müssen entlegene Ziele wie Offshore-Bohrinseln oder Minen pünktlich erreichen, um dort ihre Kollegen abzulösen. Es wird 365 Tage im Jahr in Tag- und Nachtschichten gearbeitet. Für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen sind pünktliche Crew-Wechsel von höchster Bedeutung. Eine weitere Besonderheit des ERM Travel Managements ist, dass die Reisenden zunächst zu einem gemeinsamen Treffpunkt reisen, von wo sie gemeinsam die sogenannte letzte Meile zum Zielort antreten. Dies schafft organisatorische Transparenz und reduziert die Kosten.
Welche Travel Services sind für die ERM-Kunden besonders wichtig?
Kirkegaard Winther: Von besonderer Bedeutung ist, dass wir den Crew-Mitgliedern über unsere Plattform TripSource alle relevanten Reiseinformationen aus einer Hand bereitstellen.
Pratt: Darüber hinaus bieten wir die Möglichkeit des Traveler Trackings. So lässt sich auf Knopfdruck der Aufenthaltsort eines Mitarbeiters ermitteln, um gegebenenfalls Hilfe zu organisieren. Aktuell implementieren wir auch ein Tool, das die Reisenden bei Änderungen des Reiseablaufs dabei unterstützt, ihr Ziel schnell und sicher zu erreichen und das den Reiseverlauf dokumentiert. Denn ein Zuspätkommen ist in diesem Arbeitsfeld nicht einfach ein verpasstes Meeting – besonders bei Technikern, die rechtzeitig eintreffen müssen, um eine Offshore- Förderanlage zu reparieren. Ein Tagesausfall kann schnell Hunderttausende von US-Dollar kosten.
Welche IT-Aspekte des ERM-Programms sind dabei aus Kundensicht essenziell?
Pratt: Unsere offene IT-Plattform SolutionSource, die die Integration von Drittanbietern ermöglicht, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor auf dem Markt. Sie bindet sowohl ERM-spezifische Partner als auch Reisetechnologielösungen externer Anbieter mit ein. Auch unsere eigenen Technologien TripSource und DecisionSource folgen dem plattformorientierten Ansatz.
Welche zusätzlichen Qualikationen haben Travel Manager aus dem ERM-Sektor?
Pratt: Weil die Crew-Mitglieder aus allen Teilen der Welt anreisen, müssen die Travel Manager genau wissen, welche Regionen man als kritisch einstuft und wie die Verkehrswege sind. An einigen Orten gibt es beispielsweise pro Tag nur zwei Flüge, oder Flugzeuge starten nur in bestimmten Monaten. Die Fähigkeit, kreative Lösungen zu finden, ist das, was einen guten Travel Manager auszeichnet. Er benötigt auch Fachwissen in Bereichen wie Dienstleistungsverträge, spezielle Airline- und Unterkunftsbestimmungen für ERM-Kunden, Gruppenreisen, Charter und Transport – um nur einige zu nennen.
Das Geschäftsfeld ERM ist für Sie kein neuer Markt. Wie kam es dazu, dass BCD Travel seine Aktivitäten 2019 stark ausbaut?
Pratt: Lokal und regional sind wir bereits seit mehr als 30 Jahren für ERM-Unternehmen tätig. Aus dieser Entwicklung heraus haben wir unser Angebot für den ERM-Sektor global ausweiten können, indem wir eine Plattform für lokale, regionale und globale Kunden geschaffen haben. Auf dieser Basis betreuen wir unter anderem einen der größten Ölfeld-Dienstleister weltweit.
Wie haben Ihre ERM-Kunden auf die Erweiterung des Angebots reagiert?
Kirkegaard Winther: Unsere Investition in den ERM-Bereich ist ein großer Schritt nach vorn – gerade auch aus Kundensicht! Wir haben viel positives Feedback und man bescheinigt uns, dass dieser Zusammenschluss den Markt neu belebt. Denn auf dem ERM-Markt verteilt sich das Geschäftsreisemanagement bisher üblicherweise auf eine Vielzahl verschiedenartiger Anbieter: Neben Geschäftsreiseanbietern sind dies beispielsweise Schifffahrtsagenturen, Organisatoren von Gruppenreisen oder Anbieter für Helikopter- oder Charterflüge. So aufgeteilt ist die Komplexität der Reiseplanung groß. ERM-Unternehmen suchen nach einem Geschäftsreiseanbieter, der all diese Prozesse und Services vereinfacht und weltweit anbietet.
Pratt: Genau da setzen wir an. Im Rahmen unseres erweiterten ERM-Geschäftsreiseprogramms können wir den Großteil all dieser Leistungen zentralisieren – mehr als je zuvor. Dank unserer ERM-Center in Houston, Rotterdam und Singapur können wir ERM-Kunden global betreuen und mit der Reiseplanung verknüpfte Prozesse standardisieren. Mit unserem plattformbasierten Ansatz ist es einfacher, Richtlinienänderungen durchzuführen, Carrier-Vereinbarungen zu aktualisieren oder neue Geschäftseinheiten in das Programm aufzunehmen.
Erklären Sie bitte genauer: Welche Rolle spielt in dieser Hinsicht das neue Joint Venture mit BSM?
Kirkegaard Winther: Das Joint Venture mit BSM schafft eine Verbindung zwischen Geschäftsreisemanagement und Schifffahrtsindustrie, die es auf dem Markt so noch nicht gegeben hat. BSM ist ein Traditionsunternehmen mit 135 Jahren Erfahrung am Markt. Dank des neuen Partners sind wir in der Lage, den Marinebereich in die ERM-Reiseplanung wirklich weltweit zu integrieren – dies schließt die Abwicklung der Reiseformalitäten in den Häfen mit ein.
Welche Neuerungen ergeben sich durch das Joint Venture für BCD Travel auf dem ERM-Markt?
Kirkegaard Winther: Wir sind jetzt auch Teil der Marine Community. Dies bedeutet, wir untersuchen alle Geschäftsprozesse – nicht nur die Buchungsabläufe – auf Verbesserungspotenzial für unsere Kunden. Unser besonderes Augenmerk gilt der letzten Meile. Aus Sicht der Reiseplaner ist die Strecke vom Airport zum Schiff, das die Crew ans Ziel bringt, der komplexeste Part. Diese letzte Strecke muss genau dokumentiert werden und erfordert viele Reisedokumente – unter anderem Bordkarten und weitere Nachweise für die Portagenten.
Pratt: Der Umstand, dass die Reiseplanung für die letzte Meile üblicherweise auf mehrere Anbieter aufgeteilt ist, hat oft ein heilloses Durcheinander zur Folge. Der Reisende benötigt eine Vielzahl verschiedener Reiseinformationen und -unterlagen, die er aus verschiedenen Quellen erhält: unter anderem Airline-Tickets, Coupons für das Hotelzimmer am Flughafen, bis alle Reisenden zum Treffpunkt gefahren werden oder Bescheinigungen für Helikopterflüge.